Unter dem dichten Blätterdach des tropischen Regenwaldes dringt kaum Licht bis zum Boden vor. Da haben Bodendecker kaum eine Chance. Und so ist es kein Wunder, dass in einem solchen Regenwald besonders viele Kletterpflanzen entwickelt haben, die auf dem Weg nach oben ihren Lichthunger stillen müssen. Aber auch in unseren Wäldern gibt es einheimische Kletterpflanzen wie den Efeu oder den Baumwürger. Hinzu kommen zahlreiche, ursprünglich nicht bei uns heimische, aber winterfeste Arten. Und auf dem Weg nach oben haben die Kletterpflanzen ganz unterschiedliche Strategien entwickelt:
Rankpflanzen
Diese Kletterpflanzen haben spezielle Rankorgane ausgebildet. Diese Rankorgane sind Umbildungen von Blätter und Sprossachsen. Installiert man eine Kamera mit Zeitraffereffekt, dann ist zu sehen, wie die Pflanze mit Hilfe dieser Rankorgane kreisende Bewegungen ausführen, bis sie einen Halt finden z.B. in Form einer Stütze oder Strebe im Klettergerüst finden. Diese Berührung löst einen Reiz aus und das Rankorgan beginnt die Stützhilfe zu umwickeln. Bei manchen dieser Kletterpflanzen zieht sich die Ranke anschließend wie ein Korkenzieher zusammen. Das wirkt wie ein elastischer Puffer, mit dem z.B. Windböen abgepuffert werden können, ohne dass die Ranke abreißt. Rankpflanzen brauchen eine Kletterhilfe in Form von Spalieren oder einem Gitter. Als Material eignet sich Holz, Bambus oder kunststoffummantelter Draht. Damit sich die Pflanzenranke um die Kletterhilfe herumwickeln kann, muss der Querschnitt eher schmal als zu massiv sein. Typische Rankpflanzen sind Clematis, Weinreben oder der Hopfen.
Weinreben gehören zu den Rankpflanzen. Im Bild sind auch die korkenzieherartig zusammengezogenen Ranken zu sehen.
Wurzelkletterer oder Selbstklimmer
Im Gegensatz zu den Rankpflanzen kommen sie ohne Klettergerüst aus. Sie bilden in regelmäßigen Abständen an den Jungtrieben Haftwurzeln. Diese Haftwurzeln bilden sich immer auf der dem Licht abgewandten Seite und krallen sich an der Unterlage fest. Damit sie jedoch einen ausreichenden Halt finden, muss die Mauer oder Hauswand eine raue Oberfläche haben – z.B. Rauputz oder eine unverputzte Steinmauer. An einer glatten Oberfläche bringt man in regelmäßigen Abständen horizontal Spanndrähte an, an denen die Haftwurzeln andocken können. Zu diesen Selbstklimmern zählen z.B. der Efeu oder die Kletterhortensien. Einen Sonderfall unter den Selbstklimmer stellt der Wilde Wein dar. Er kommt sogar an völlig glatten Glaswänden ohne Kletterhilfe nach oben. Dazu hat er spezielle Ranken entwickelt, die sich – sobald sie Kontakt zur Waldfläche bekommen – zu Haftscheiben umbilden, die sich dann an der Wand regelrecht festsaugen.
Efeu gehört zu den Wurzelkletterern. Mit seinen Haftwurzeln kann er sich so an einer Wand festkrallen, dass dabei langfristig größere Mauerschäden entstehen können.
Im Bild ist eine von wildem Wein begrünte Hauswand zu sehen. in der rechten Bildhälfte sieht man die Haftwurzeln, die sich mit ihren Saugscheiben ähnlich einem Gecko an der Wand festhalten.
Im Bild die Trompetenblume Camsis radicans, auch ein mächtiger Wurzelkletterer.
Schlingpflanzen
Im Gegensatz zu den Rankpflanzen und den Wurzelkletterern bilden die Schlingpflanzen keine spezielle Ranken oder Haftorgane aus. Ihre Pflanzelstängel und – triebe winden sich spiralförmig um eine Stützhilfe nach oben. In der Natur sind dies in der Regel Bäume, im Garten brauchen sie eine künstliche Stützhilfe. Die meisten dieser Schlingpflanzen winden sich gegen den Uhrzeigersinn, also links herum (dazu gehört z. B. der Baumwürger), nur wenige im Uhrzeigersinn (zu diesen Rechtswindern gehört u. a. die Geißschlinge). In der Gattung der Wisterien gibt es sogar links- und rechtswindende Arten. Diese Schlingpflanzen brauchen also vertikal ausgerichtete Kletter- und Stützhilfen. Das können Stäbe oder Spaliere sein. Oft reicht schon ein senkrecht gespanntes, kunststoffummanteltes Stahlseil aus. Bei glatter Oberfläche muss man in regelmäßigen Abständen Querstreben anbringen und die Schlingpflanzen anbinden, damit sie nicht abrutschen.
Der Baumwürger ist eine einheimische Schlingpflanze. Dabei kann er sich -wie hier im Bild – bis zu 10m in die Höhe schlingen.
Im Bild die charakteristischen Blütenstände des Baumwürgers
Die Wisterie ist ein Schlingpflanze, die so groß und schwer werden kann, dass sie eine sehr solide Kletterhilfe braucht – wie hier im Bild am Beispiel einer Pergola mit massiven Betonpfeilern.
Spreizklimmer
Spreizklimmer sind keine Kletterpflanzen im eigentlichen Sinn. Sie haben keine speziellen Kletter- und Haftorgane entwickelt. Aber sie haben meist lange Triebe, die mit Dornen oder Stacheln oder seitlich abstehenden Sprossen besetzt sind. Und mit denen könne sie sich dann so an einer Mauer oder einem anderen Hindernis so verhaken und verkeilen, sodass sie sich an der Wand hochstemmen können. Finden die Triebe keinen Halt, dann sacken sie unter ihrem Eigengewicht zu Boden. Und so bildet sich mit der Zeit ein wirres, undurchdringliches Gestrüpp, welches erst langsam nach oben wächst. Ein typisches Beispiel sind die Brombeeren. Solche Spreizklimmer brauchen also ein solides Klettergerüst oder Spalier mit vielen waagerechten Sprossen und Streben, an denen die Triebe angebunden werden können.