Dass eine dicht von Kletterpflanzen bewachsene Wand eine ganze Reihe positive ökologische Effekte für das Haus, u.U. sogar für das Stadtklima, haben kann, dass weiß man schon seit langem. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine begrünte Hauswand im Winter wärmedämmend, im Sommer kühlend wirkt. Zugleich bindet die Pflanzenwand Feinstaub und dämpft den Schall. In jüngster Zeit wurde diese Erfahrungswerte durch experimentelle Untersuchungen bestätigt und quantifiziert.
Kletterpflanzen brauchen wie alle Pflanzen neben Kohlendioxid und Nährstoffen vor allem Wasser zum Leben. Aber auch bei den Kletterpflanzen gibt es Unterschiede im Wasserbedarf. Und genauso unterschiedlich wie der Wasserbedarf ist auch der Anteil an Wasser, der über die Poren der Laubblätter wieder ausgeschieden wird und verdunstet. Wenn dies Wasser verdunstet, wird der unmittelbaren Umgebung der Pflanze Wärme entzogen. Damit schafft sich die Pflanze ihr eigenes Mikroklima in Bezug auf Lufttemperatur und –feuchtigkeit. Je höher die Umgebungstemperatur, desto höher ist auch die Transpirationsrate. Das ist bei Pflanzen nicht anders als beim Menschen. Auch wir schwitzen im Sommer mehr als im Winter. Je höher die Transpiration der Kletterpflanzen an einer Hauswand, desto höher ist durch den Wärmeentzug aus der Umgebung auch der Kühleffekt fürs Haus. Die Transpirationsrate einer Kletterpflanze ist aber nicht nur vom Wasserangebot und der Umgebungstemperatur abhängig, sondern von Pflanzenart zu Pflanzenart ganz unterschiedlich. Um im Sommer einen möglichst hohen Kühleffekt für die Hauswand zu bewirken, muss man also eine Kletterpflanze mit einer hohen Transpirationsrate zur Begrünung wählen. Vergleichende Untersuchungen dazu wurden erst vor wenigen Jahren durchgeführt. Verglichen wurden die Transpirationsraten von Efeu, Wildem Wein und Schlingknöterich, also drei weit verbreiteten Schling- und Kletterpflanzen. Da man aber nicht eine ganze Hauswand luftdicht einpacken kann, wurde in den Untersuchungen davon ausgegangen, dass die von der Pflanze aus dem Boden aufgenommene und in den Leitbahnen nach oben transportierte Wassermenge der Wassermenge entspricht, die durch Transpiration über die Blattporen an die Umgebung durch Transpiration wieder abgegeben ist. So einfach ist das allerdings nicht, die Pflanze selbst braucht natürlich Wasser zum Leben, welches in den Pflanzenzellen gebunden ist. Aber man kann wohl davon ausgehen, dass je mehr Wasser eine Pflanze aufnimmt, desto höher ist auch die Transpirationsrate. Bei gleicher Lufttemperatur sind damit wenigstens die Relationen zwischen Wasseraufnahme und Transpiration verschiedener Kletterpflanzen vergleichbar. Mit Hilfe der in den Experimenten durchgeführten Saftstrommessungen in den Leitbahnen der Pflanzen lässt sich zumindest abschätzen, welche Kletterpflanze die höchste Transpirationsrate und damit auch den meisten Kühleffekt für die Hauswand hat. Verglichen wurden die Saftstrommessungen an allen drei Kletterpflanzenarten an einem strahlungsintensiven, also heißen Sommertag mit einem strahlungsarmen, also kühleren Tag. Der Saftfluss, gemessen in Liter pro Quadratmeter Blattfläche, war am höchsten beim Schlingknöterich, am niedrigsten beim Efeu. Und an einem heißen Tag waren diese Unterschiede höher als an einem kühleren Tag. Wer also Wert legt auf einen optimalen Kühleffekt, sollte Schlingknöterich zur Fassadenbegrünung wählen (Quelle HÖLSCHER, NEHLS & WESSOLEK 2013 in Dach & GRÜN 1/2014).
Ebenso gibt es erst seit einigen Jahren Untersuchungen, inwieweit begrünte Wände im Vergleich zu kahlen Schallschutzwänden zum Lärmschutz betragen können. Dabei handelte es sich allerdings nicht um Kletterpflanzen, sondern sogenannte Living Walls, also Wände, die mit verschiedenen mehrjährigen, kleinen Stauden und Halbsträucher dicht bepflanzt sind. Die Ergebnisse sind aber sicher vergleichbar. Verglichen wurden jeweils 5 bloßen, unbepflanzten Lärmschutzwände verschiedener Materialien (Holz, Klinkersteine und Glaswände) mit 7 begrünten Living Walls, deren massiver Kern aus den gleichen Materialien bestand. Die Mittelwerte unbegrünter Schallschutzwände lagen zwischen 83 und 85dB, die der Living Walls zwischen 78 und 81dB. Das ist mehr als es auf den Blick scheint, denn Dezibel ist eine logarithmische Maßeinheit. Man geht davon aus, dass eine Reduktion um 10dB für das menschliche Ohr einer Lärmminderung von 50% entspricht. Man kann also davon ausgehen, dass begrünte Wände einen bedeutenden Beitrag als Schallschutz leisten können (Quelle: M.KÖHLER & F.MILBRANDT „Mit Living Walls zur Lärmreduktion“ in DACH & GRÜN 1/201).
Eine begrünte Wand – egal ob als Lärmschutzwand an einer vielbefahrenen Straße oder als Hauswand – schluckt aber nicht nur Schall, sondern auch viel Staub. Außerdem sieht solch eine begrünte Wand natürlich auch viel freundlicher aus als eine kahle Beton- oder Hauswand.